Nur „moralisch reine und nach Wahrheit strebende“ Genossen durften der Bruderschaft beitreten. Wegen ihrer langen Haare wurden die Freunde der Künstlerkolonie auch als „Nazarener“ verspottet. Sie selbst nannten sich Lukasbrüder. Die Gruppe suchte in Italien die Nähe zur Kunst der Antike und der Renaissance sowie ein Ideal, das sich im Deutschland der beginnenden industriellen Revolution nicht mehr wiederfand. Die Grundlage ihrer Kunst war die Rückbesinnung auf die altdeutsche (Albrecht Dürer) und die italienische (Perugino, Raffael) Malerei und die Verbindung der Kunst mit der Ethik und der Religion. Das Bild „Germania und Italia“ ist ein Schlüsselwerk der deutschen Romantik, ist aber auch Zeugnis einer engen Künstlerfreundschaft. „Germania und Italia“ heißt das Bild erst seit dem Kauf durch König Ludwig I. von Bayern, der sich als Kronprinz lange Zeit in Rom aufhielt, wo er auch den Barberinischen Faun, der heute ein Glanzstück der Glyptothek ist, erwarb.Ursprünglich hatte der Maler Overbeck das Gemälde, an dem er mit Unterbrechungen acht Jahre lang arbeitete, seinem Künstlerfreund Pforr zugeeignet. Der Legende nach soll es sich bei den dargestellten Mädchenbildnissen um die beiden Schwestern der Künstlerfreunde handeln. Hinter der blonden „Germania“ verbirgt sich Maria, die Schwester des Malers Overbeck, die dunkelhaarige „Italia“ wäre dagegen Sulamith, die Schwester von Pforr. Beide Damen sind einander liebevoll zugetan und symbolisieren damit den engen Bund zwischen den beiden Malerfreunden. Aus einem privaten Freundschaftsbild ist heute eines der schönsten Bilder deutscher Italien-Sehnsucht geworden – eine Allegorie auf die harmonisch vereinte italienische und deutsche Kunst. Das Original befindet sich in den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen in München.

Nürnberg, 02.02.2016