So kam man auf die Idee, die oberen Stockwerke der Häuser mit Holzvorbauten zu versehen, die durch Balken gestützt wurden – so entstanden Arkaden, bestens geeignet auch für Verkaufsläden.

Auf Grund ihrer Universität, dem Archiginnasio, welche die älteste in Westeuropa ist, heißt Bologna auch „La Dotta – Die Gelehrte“. Nicht nur der Anatomiesaal, in Form eines Amphitheaters gebaut, hatte mich sehr beeindruckt, auch die zahllosen Wappen an den Wänden der Gänge und im Treppenhaus musste ich immer wieder betrachten. Sie finden ihre Fortsetzung im Hörsaal Stabat Mater. So genannt, weil hier Rossinis gleichnamiges Werk uraufgeführt wurde.

Wegen der hohen Qualität ihrer Speisen heißt Bologna auch „La Grassa – Die Fette“ In dieser Stadt wurden das Ragù, die Tagliatelle und die Tortellini erfunden. Der Nabel der Venus soll den Koch zu der ringförmigen kleinen Teigware inspiriert haben. Die Rezepte für diese Spezialitäten werden im Palazzo della Mercanzia aufbewahrt, in dem sich heute die Handelskammer befindet. Der Herr am Empfang des gotischen Palastes erklärte mir mit großem Bedauern, dass es auf Englisch oder Italienisch keine Broschüren mehr mit den Rezepten gebe. Dann verschwand er und kam mit einem Stoß Broschüren in russischer und chinesischer Sprache zurück.

„Und Deutsch?“

„ Haben wir nicht, leider.“

„Und wann gibt es wieder die vergriffenen Broschüren?“

„Darauf warten wir seit einem Jahr.“

Ich nahm die russische, in der Hoffnung, irgendwann jemanden zu finden, der Russisch kann.

Ich ging hinüber zur Piazza Maggiore, diesem großzügigen, weitläufigen Platz, um den sich all die Paläste und auch die Basilica San Petronio scharen, die streng bewacht wird von zwei Soldaten, einem Militärauto und einem Polizeiauto. Die Fassade dieser dreischiffigen Kirche, welche die größte in Nord- und Mittelitalien werden sollte, blieb unvollendet, weil der Stadt das Geld ausging. In der Cappella dei Re Magi sah ich zum ersten Mal deren Heimkehr per Schiff! Gegenüber befindet sich das sogenannte „Höllenbild“, die Darstellung von Dantes „Inferno“. Ein Monster, Luzifer, frisst die Menschen. Dasselbe Schicksal ereilt auch den Propheten Machomet, der nackt auf einem Felsen neben Luzifer liegt. Weil radikale Islamisten wegen dieses Bildes wiederholt Anschläge auf die Basilika planten, wird sie streng bewacht.

Auf dem Gelände der Kirche San Francesco überraschten mich die Glossatorengräber: Sarkophage auf zierlichen weißen Stelzen, behütet von einem kleinen, spitzen Dach. Hier ruhen die Rechtsgelehrten, die Glossen zu römischen Gesetzestexten verfassten. Zwei weitere solche Gräber fand ich auch vor San Domenico.

Lange hielt ich mich im Museo internazionale e bibblioteca della musica di Bologna auf. In dem reich ausgeschmückten Palast aus dem 13. Jahrhundert, der zuletzt der Familie Sanguinetti gehörte, betrachtete ich aufmerksam die Sammlung all der Partituren, Briefe, Portraits und Musikinstrumente, die der damals renommierte Musikwissenschaftler Giambattista Martini angelegt hatte. Auch Mozarts Prüfungsaufgabe, die der 14-Jährige ablegen musste, um in die Accademia Filarmonica aufgenommen zu werden, befindet sich hier. Als ich den Museumswärter fragte, warum da “mysterious“ stehe, nahm er mich zur Seite und flüsterte mir ins Ohr, dass sie nicht echt sei. Hatte sie Martini verfasst? In Mozarts Handschrift? Die Biografen sind sich da nicht einig…

Nach einiger Mühe fand ich die Accademia Filarmonica, als eine junge Dame gerade zusperrte. Doch als ich ihr sagte, dass ich morgen schon abreise, öffnete sie wieder und zeigte mir den Mozart-Saal, in dem gerade der Pianist seinen Flügel für das Konzert am nächsten Abend überprüfte.

Viel gibt es zu sehen in Bologna. Bald werde ich wieder in diese Stadt fahren.

                                                                            

Ulrike Rauh                                                                                                               ( copyright bei der Autorin)